Seelische Bilder

Die in Südkorea geborene Künstlerin Sunjin Chang kam 1982 nach ihrem Kunststudium in Seoul nach Deutschland und studierte Freie Malerei an der Städelschule in Frankfurt. Seither hat Sunjin Chang ihr Werk stetig weiterentwickelt und neu erfunden. Sie lebt und arbeitet in Essen.

Im Jahr 2022 sind 150 Papierarbeiten der Künstlerin entstanden.

Diese Arbeiten, von denen die kleinsten 25 x 35cm und die größten 65 x 50cm messen und welche die Künstlerin selbst als „seelische Bilder“ bezeichnet, schlagen den Bogen zu den Anfängen ihres Werkes – ihrer abstrakten Malerei aus den frühen 80er Jahren und den Papierarbeiten ihrer Studienzeit in Frankfurt.

In ihrer Mischtechnik vereint Chang die bisherigen Praktiken ihrer Malerei und zeigt sich im Umgang mit Material und Farbe freier als noch bei den Werken aus vorherigen Jahren.

Auf dunkler Pappe im Querformat begegnen den Betrachter*innen in gewohnt starker Farbigkeit hell-leuchtende, abstrakt-organische Formen wie Szenen aus Zwischen- und Traumwelten. Farbflächen scheinen sich auf unterschiedlichen Ebenen zu überlagern und vereinen sich zu Momenten, die mystisch aus Nebel aufsteigen, in denen sich Blumen finden, hohe Berge gegen das Meer stemmen oder Vögel durch Schneelandschaften ziehen. Meint man Figuren zu erahnen, so sind diese hier mehr Aura als Person, mehr Erinnerung als Substanz.

Wir sehen reduzierte Formen, eiförmige Gebilde, zarte wie grobe Striche oder Verdichtungen, die an Kreisel erinnern. Die expressive Farbe tariert gänzlich aus einem Guss die Verhältnisse von verschiedenen Aktionen im Bild fein aus.

Es scheint auf diesen Bildern um Beziehungen im weitesten Sinne zu gehen, analog erarbeitet in Formen, Flächen, Farben und Linien. Dabei erscheint weniger ein kompositorischer Wille zentral, vielmehr jedoch der Versuch ein Inneres freizulegen.

Dies mag auch der Grund sein, warum zumeist der Hintergrund dunkel gehalten wird, weit entfernt also von dem oft üblichen Weiß des Grundes, um so die Farben auf dunklerem Grund in ihrer maximalen suggestiv-innerlichen Wirkung zu entfalten. Auch die zögerlich, fast fragend eingesetzten Linien und Striche erscheinen reduziert und sensibel, weisen auf jenen wortlosen Bereich der Kunst hin, in dem es nur um das intuitive Verständnis geht, weit entfernt von jedweder Vor-gewusstheit

Während die Bilder von 2006-2019 künstlerisch klar von figurativ landschaftlichen Sujets geprägt sind, die Chang unter anderem auf großen, gerollten Leinwandpanoramen in beachtlichen Größen (160 x 1000 cm) malte, ist das Narrativ ihrer Malerei nun zur Abstraktion und dem kleinen Format vom Anfang ihrer Schaffensphase zurückgekehrt.

Im Gegensatz zu ihren gegenständlicheren, großformatigen Panoramen ist es nun die Farbe an sich, nicht mehr an Figur oder Landschaft gebunden, weniger verhalten tastend wie zum Beginn ihrer Laufbahn. Viel mehr tritt die Farbe als „sie selbst“, als reines Material in Erscheinung.

Chang schafft 2022 eine Neukomposition ihres frühen Werks, mit mehr Präsenz und frei von allen Traditionen und Konventionen während sie sich zugleich in abstrakter Weise der Formsprache bedient, die sie schon in ihren Landschaftsbildern nutzt.

Auf animistische Weise beschäftigen sich diese späten Arbeiten auf poetische Weise mit dem Transzendentalen, bewegen sich in undefinierten Räumen zwischen „Dies- und Jenseits“ und lassen das reife Werk einer Künstlerin erkennen, die in ihrem Werk stets versucht die Welten aus der alten und neuen Heimat zu einem neuen, dritten, eigenen Raum zu formen.

Wer sich auf diese Arbeiten einlässt, mag ähnliche Klänge in der eigenen Seele wiederfinden, die die Künstlerin hier – in Reflexion auf ihr Leben – ganz verinnerlicht zu Papier gebracht hat.

Auf die Frage wie sie auf ihr bisheriges Werk zurückblickt sagt Chang: „Das Leben ist ein bisschen lustig, Künstler sind traurig… Man braucht Fantasie!“

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Colmar Schulte-Goltz (Galerist) :
„Mehr als Landschaft“

„Die aus Korea stammende Künstlerin Sun Jin Chang, die schon lange in Deutschland arbeitet und sowohl die europäischen als auch die asiatischen Bildtraditionen intensiv studiert hat, bringt beide in ihrem Werk auf ästhetisch unvergleichliche Art zusammen.

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Bei ihr findet alles zeitgleich statt, werden Vergangenheit, Gegenwart und die Zukunft zugleich sichtbar gemacht. Sun Jin Chang’s Bilder haben also realistisch zu nennende Parameter, die surreal verwendet werden. So erlauben ihre Bilder die Kontinuität von Beziehungen sichtbar zu machen, die Raum und Zeit überdauern.

(…)

Die Arbeiten von Sun Jin Chang vermitteln zugleich stimmungsvolle Teilhabe am Leben eines Menschen und reflektieren zugleich über die Suche nach Identität der Wandelnden zwischen den Kulturräumen.

 

 

 

 

 

 


 Irma Gublia-Segerath (Galeristin) :
„Es gibt kein Zurück“

„Die koreanische Künstlerin Sun Jin Chang begibt sich über verschiedene Techniken (Öl, Plexiglas) auf die Suche nach einer Synthese zwischen den Kulturen des Westens und des Fernen Ostens. Trotz westlicher Einflüsse bleibt sie den Bildthemen der östlichen Tradition treu. Ihre Idee basiert auf der Philosophie des Konfuzius der die Einheit, die Harmonie des Menschen mit der Natur zugrunde liegt. Wie ein roter Faden durchzieht diese Grundeinstellung ihre Werke.

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Durch energische nicht abgesetzte Strichführung und Wiederholung schafft Sun Jin Chang expressive Kompositionen, die durch ihre Rhythmik sakral wirken.

Man erkennt in den Bildern die Entschlossenheit des kalligraphischen Stils. „Pinselstrich muss ganz entschieden ausgeführt werden: es gibt kein Zurück. Das ist wie im Leben“.

(…)

So entwickelt sie ihren Zeichenstil weiter in Kombination mit der Technik der Ölmalerei.

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Mit neuer Technik und dem Ausdruck in den Bildern widerspricht Sun Jin Chang idyllischen Werten der fernöstlichen Maltradition und schafft sich auf diese Weise eine eigene künstlerische Position. „